01.02.2019

Ein klares Ja zum Meisterbrief im Handwerk!

Werkbank statt Schreibtisch - die politische Diskussion ging nun 100 Tage nach der Landtagswahl in der Oberpfalz in die 2. Runde.

Am 01.02. war es wieder soweit. Karl Standecker, Mitglied der Schreinerinnung Amberg, lud politische Mandatsträger zur Diskussion unter seiner Leitung ein – und sie kamen gerne und standen für alle Anwesenden Rede und Antwort. Annette Karl (SPD), Christian Doleschal (CSU), MdL Tobias Gotthardt (FW), MdL Jürgen Mistol (Bündnis 90 / Die Grünen), Klaus Mrasek (ÖDP) und MdB Ulrich Lechte (FDP) fanden sich ein und würdigten gleich zu Anfang das besondere Engagement des Veranstalters. Einstimmig war zu hören, dass sich das Handwerk viel zu wenig zu Wort melde und so sei man froh für jede Anregung aus dieser Richtung. Die Themen „Bürokratie“ sowie „Handwerk und EU“ standen diesmal explizit im Vordergrund. Als Handwerker verbringt man neuerdings gefühlt mehr Zeit mit dem Lesen von Gesetzen, Vorschriften und dem Ausfüllen von Formularen als mit handfesten Aufträgen. Die Gesetzgeber wissen nicht, was der Betrieb bzw. Betriebsleiter leisten muss, noch dazu sitzen in den die Gesetze vorbereitenden Gremien Professoren oder Vertreter aus Industrie und Wirtschaft, die u.a. DIN-Normenkataloge herausgeben, die für das Handwerk schlichtweg nicht umsetzbar sind. Der Meister ist im Betrieb allumfassend verantwortlich und müsse sich ständig fortbilden, um den Anforderungen gerecht zu werden. Alle Parteivertreter sind sich einig, dass kleine Betriebe diesbezüglich flächendeckend entlastet und geschützt werden müssen. In die DSGVO wird indes zu viel hineininterpretiert, weil man sich vor den möglichen rechtlichen Folgen fürchtet. International tätige Unternehmen, wie facebook und Co., finden rechtlich und steuerlich genug Schlupflöcher – sie beschäftigen ja auch genug Anwälte. Man sei regelrecht überrollt worden vom Ausmaß der DSGVO, obwohl das Gesetz von Deutschland mit auf den Weg gebracht worden ist. An diesem Punkt werden bei allen Anwesenden – Politikern und Handwerkern - Stimmen laut, warum die Kammern und Verbände sich eigentlich so wenig in diese Debatten einmischen und die Situation des Handwerks und die der kleineren Betriebe öffentlich kaum zur Sprache bringen. Vertreter der Kammern waren zum Werkstattgespräch eingeladen worden, konnten aber leider nicht teilnehmen, sonst hätte dieser Punkt weiter erörtert werden können. Die vor kurzem herausgegebene Empfehlung der Monopolkommission, die Meisterpflicht abzuschaffen, war ein weiteres Thema. Der Meisterbrief sei nur „formal“ und sichere keine Qualität, so die Kommission. Auch von Umbenennungen in „Berufsbachelor“ und dergleichen war die Rede. Was für eine Ohrfeige aus Berlin! Die politischen Vertreter äußerten vor Ort ihr Bedauern darüber und machten deutlich, dass man von dieser Meinung abrücke. Sogar eine Ausdehnung der Meisterpflicht wäre für viele wieder wünschenswert. Die rot-grüne Koalition habe damals auf die Entwicklungen in der EU reagiert und nun erst sei deutlich zu erkennen, wie hochwertig deutsche Handwerker arbeiten – im Vergleich zu anderen europäischen Staaten, die keinen Meisterzwang haben. Doch nicht nur das: der Meister bildet schließlich auch aus. Die Fachkräfte müsse man sich im jugendlichen Alter direkt von der Schulbank holen, so werden Fachkräfte für die Zukunft gesichert. Gut gemeint von den Abgeordneten! Doch was, wenn viele Schulen keine Zeit mehr einplanen oder einplanen können für ein Betriebspraktikum? „Der Lehrplan lasse es nicht zu“, hört man oder auch „dazu sind doch die Ferien da“. Außerdem kommen Betriebe in eine ganz andere Zwickmühle: je nach Alter des Praktikanten (unter 14 Jahren), könnte der Betrieb wegen „illegaler Beschäftigung von Kindern“ sogar erhebliche Probleme bekommen. Der Akademisierungswahn tut sein Übriges und greift bereits in der Grundschule um sich. Immerhin bewirbt die Agentur für Arbeit neuerdings die Möglichkeiten einer soliden Ausbildung, auch mit Abitur – nachdem fast jeder Dritte sein Studium nach kurzer Zeit abbricht. Nach 2 Stunden intensiver Erörterungen, beendet Karl Standecker die rege Diskussion. Im Gespräch bleiben und Probleme offen ansprechen lautet die Devise, nicht erst wenn Wahlen anstehen, das wünschen sich die Gäste. Lösungen finden sei schließlich ihre (politische) Aufgabe – wir hoffen es!