23.05.2019

Amberger Schreiner zu Gast im Landtag

Kultusminister Prof. Dr. Michael Piazolo empfing auf Initiative von MdL Tobias Gotthardt (beide Freie Wähler) die Vorstandschaft der Schreinerinnung Amberg.

Gotthardt hatte am politischen Werkstattgespräch teilgenommen und löste somit sein Versprechen ein. Ziel war es, die Brisanz mangelnder Fachkräfte in den Vordergrund zu rücken. Die Probleme, Schulabgänger zu mobilisieren und für eine solide Ausbildung im Handwerk zu begeistern und als Fachkraft zu halten, wurden erläutert. Karl Standecker nutzte die Gunst der Stunde und legte einen genauen Umriss der Aufgaben anschaulich dar, die ein Meister heutzutage bewältigen muss. Die Zeit von Piazolo und Gotthardt war knapp, denn im Plenum wurde gleichzeitig heiß über die anstehende Europawahl und die Stellung Europas in der Welt diskutiert. Dennoch nahmen sie die Gelegenheit wahr, sich die Anliegen der Schreiner anzuhören. Piazolo bedankte sich für die Bereitschaft, Probleme offen und ehrlich anzusprechen. Er bekräftigte deutlich, dass die Staatsregierung das Handwerk hochhalte, warnte aber davor, dass es zu keiner Anweisung kommen dürfe von Seiten der Politik. Schulabgänger dürfen nicht Bereichen zugeordnet werden, in die sie gar nicht hineinwollen. Die Berufswahl muss frei sein. Er sei sehr zufrieden mit den aktuellen Zahlen, die er über die Statistiken zu Übertritt und Schulabgängern erhalte und meinte, dass es viel Sinn mache, direkt in die Schulen zu gehen und sich mit den Koordinatoren für berufliche Orientierung abzusprechen. Es gibt Ausbildungsmessen vor Ort und die Möglichkeiten des Praktikums, die in allen Schularten in den Mittelstufen angeboten werden, und diese müssen offensiv genutzt werden. „Wir haben die Zahlen. Aber wir haben noch nicht alle Ideen, deshalb ist es sehr gut, dass Sie Ihre Ideen mit einbringen,“ betonte er. „Wir sind nicht daran interessiert, alle an den Unis unterzubringen“, sagte er weiter. Dass in der Gesellschaft, vor allem von manchen Eltern eine durchaus ablehnende Haltung zu Handwerksberufen stark zu spüren ist, bedauere er. Eine Ausbildung im Handwerk bedeutet keinen Bildungsabstieg. Dabei habe gerade der Meistertitel im Handwerk einen doch sehr hohen Anspruch. Und gerade bei diesem Punkt, so ein Einwurf der Schreiner, darf nicht vergessen werden, dass vor der Prüfung praktische Erfahrungen zu sammeln enorm wichtig ist. Der Meistertitel darf nicht geschenkt sein, waren sich beide Seiten einig. Die Ministerialbeauftragten Alexandra Brumann und Werner Lucha (für die Mittelschulen und die Berufsschulen zuständig) standen neben Gotthardt und Piazolo als kompetente Gesprächspartner zur Verfügung. Sie diskutierten mit den Schreinern und konnten interessante Einblicke in ihre Arbeit gewähren. Sie machten deutlich, dass es sicherlich an der Zeit ist, neue Entwicklungen in Sachen Schule und Ausbildung auch als Chance zu sehen. Schüler mit höherer Schulbildung könnten sich im Zeitalter der Digitalisierung vielleicht sogar noch besser in den Betrieben zurechtfinden als bisher gedacht. Und dass die Lehrer auf dem Gebiet der Digitalisierung besser geschult werden, dafür sei gesorgt. Insgesamt sei man dabei, die Schulen noch besser diesbezüglich auszustatten. Mit der Agentur für Arbeit gebe es ebenfalls gute Ergebnisse in der Zusammenarbeit. Es sei allseits erforderlich, so wandelbar und flexibel wie möglich in der heutigen Zeit zu agieren. Alles in Allem war der Besuch sehr positiv und die Schreiner waren dankbar für die Einladung und das ernste Interesse. Trotzdem bleibt ein Wehmutstropfen. Piazolos Aussage „Ich kenne keinen Handwerker, dem es richtig schlecht geht“, zum Beispiel, darf hier nicht ausgeblendet werden. Warum, fragen wir uns, schließen dann so viele Betriebe oder gibt es keine Nachfolger? Warum ist der Schritt in die Selbständigkeit für junge Meister nicht attraktiv? Warum stehen immer mehr Handwerker unter Druck und fühlen sich im Stich gelassen, gerade von Seiten der Politik (DSGVO, Steuerecht etc)? Sicher, der Bau boomt, aber wie geht es den anderen in der Branche, z.B. den Metzgern? Warum gewinnt man immer stärker den Eindruck, die Kammer vertrete gar nicht mehr die Handwerker, sondern besonders ihre eigenen wirtschaftlichen Interessen? Und zum Thema Ausbildung: warum wandern gut ausgebildete Gesellen im Anschluss sofort in große Industriekonzerne wegen höherer Löhne ab? Was, wenn Schulleiter gar keine Möglichkeiten bieten, Handwerksberufe vorzustellen? Wir sind noch lange nicht am Ziel – ganz sicherlich gibt es auf allen Ebenen noch vieles zu klären. Wichtig ist und bleibt, dass Handwerker gemeinsam, direkt und offen die Sorgen und Nöte in der Branche bei politisch Verantwortlichen ansprechen. Der nächste Termin kommt!